Woran denkst du zuerst, wenn du das Wort Bitterstoffe hörst? Wahrscheinlich geht es dir dabei wie vielen anderen. Man setzt sie gern mit Medikamenten oder mit etwas Ungenießbarem in Verbindung. Heute möchte ich dir das Wichtigste über diese interessanten und starken sekundären Pflanzenstoffe weitergeben.
Dass wir sie fast nur noch aus Grapefruits, Chicorée, Artischocke oder Rosenkohl kennen, liegt hauptsächlich daran, dass unsere moderne Nahrung diese Stoffe kaum noch liefert. Sie sind zielgrichtet herausgezüchtet worden, um uns angenehmer schmeckende Obst und Gemüsesorten anbieten zu können und somit die Verkaufszahlen zu erhöhen. Wo wir noch vor ca. zwanzig Jahren aus mehr als fünfzig verschiedenen Sorten an Obst und Gemüse wählen konnten, sind es heute weniger als zwanzig und sie sind standardisiert worden, das heißt, für unsere Geschmacksnerven „gefällig“ gemacht und vereinheitlicht. Doch eigentlich ging uns damit auch sehr Gutes für unsere Ernährung verloren. Davon erfährst du in diesem Beitrag.
Pflanzen, welche unsere Nahrung bilden, bestehen aus Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten aber auch aus Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen und Ballaststoffen. Doch zu alledem enthalten sie auch sekundäre Pflanzenstoffe, welche zum Beispiel die Farbe beim Kürbis (Beta Carotin), oder eben die Bitterstoffe (z. Bsp. bei Endiviensalat) im Geschmack ausmachen. Die Pflanzen haben sich damit ausgestattet, um sich etwa vor Fraß, vor zu viel Sonne oder vor Angriffen durch Parasiten und Pilzen zu schützen, oder Insekten durch Farben und Düfte der Blüten anzulocken. Jeder weiß, dass man grüne Pflaumen nicht essen kann aber wenn sie ihre Farbe in lila blau ändern, dann bekommen wir Appetit. Auch das ist das Werk der sekundären Pflanzenstoffe.
Die Bitterstoffe dienen den Pflanzen hauptsächlich dadurch, indem sie helfen, dass ein Pflanzenfresser nicht zu viel auf einmal von ihnen nimmt, sich also bald anderen Pflanzen zuwendet. Sie dienen dem Fraß-Schutz. Wir Menschen waren aus früheren Zeiten an den Verzehr vieler verschiedener bitterer Pflanzen gewöhnt, denn sie bildeten die Hauptnahrung. Es gab weder übermäßig viel Obst, noch Nüsse oder Fleisch in Hülle und Fülle. Was es jedoch am meisten gab, waren Kraut-und Blattpflanzen, Blätter von Bäumen und Wurzelgemüse. Genau daran ist unser Verdauungssystem auch angepasst.
Heute jedoch wurden unsere Geschmackssinne von den Nahrungsmittel Herstellern der Moderne „verführt“. Wir lieben eher Saures, Scharfes, Süßes und Salziges und stehen Bitterem ablehnend gegenüber. Die Hersteller reagierten darauf und züchteten die Bitterstoffe so weit wie möglich aus unseren Nahrungspflanzen heraus.
Wie Bitterstoffe wirken
Die Bitterstoffe lösen oftmals eine gewisse Abwehr aus. Das gilt wohl für unser Geschmacksempfinden ebenso, wie für gewisse Erlebnisse in unserem Leben. Doch in beiden Fällen kann der Kontakt mit etwas Bitterem im Nachhinein heilend und kräftigend wirken.
Bitterstoffe wirken schon beim ersten Kontakt mit den Nervenzellen im Zungengrund. Über das vegetative Nervensystem wird ein Reiz zu den Drüsen und Organen gesendet, sofort mit der Speichel-und Magensaftproduktion zu beginnen. So gelangt der gekaute Speisebrei sehr gut „vorverdaut“ in einen gut aufnahmebereiten Magen. Dieser wiederum reagiert auf die Bitterstoffe mit einer besseren Durchblutung der Magenschleimhaut, was einer optimalen Verdauung zu Gute kommt. Die Bitterstoffe veranlassen auch die Verdauungsorgane wie Leber mit Galle und Bauchspeicheldrüse dazu, mehr Sekret zur besseren Verdauung auszuschütten. All diese Sekrete enthalten Enzyme und Hormone, welche für den reibungslosen Ablauf der Aufspaltung und Aufnahme der Nährstoffe sorgen. Sie sind ein hervorragendes Beispiel zur Hilfe bei zu wenig Magensäure oder schwacher Leber!
Bitterstoffe stimulieren die Leber, ihre Entgiftungstätigkeit zu forcieren und sie können Menschen mit einer Affinität zu Zuckerwaren dabei helfen, ihre zwanghafte Lust nach Zuckerhaltigem loszuwerden.
Bei Nahrungsmitteln mit höherem Bitterstoffanteil essen wir deutlich weniger, das Sättigungsgefühl kommt eher und hält länger an als beispielsweise beim Verzehr von Süßspeisen. Dies hilft wesentlich bei der Gewichtsregulierung.
Bitterstoffe sind ein hervorragendes Mittel für Jeden, der sich bisher sehr bitterstoffarm ernährt hat, was sich durch Symptome wie Appetitlosigkeit, Aufstoßen, Blähungen, Schwäche von Bauchspeicheldrüse und Magen, Verstopfung und Völlegefühl zeigen kann. Auch bei chronischer Antriebslosigkeit und Müdigkeit wirken sie sehr gut, denn sie sind ein Tonikum für den gesamten Verdauungsapparat. Sie verstärken die Aufnahme von Nähr- und Vitalstoffen aus dem Darm. Sie haben durch ihre Wirkung einen unschätzbaren Einfluss auf unsere gesamten Regelkreise, unterstützen, tonisieren und beleben uns auf allen Ebenen. Auf diese Weise wirken sie durchweg positiv, gesundheits-und nicht zuletzt- lebensverlängernd.
Das wussten auch schon Maria Treben (Original Schwedenbitter) und Hildegard von Bingen.
Wo findest du Bitterstoffe?
- in Grapefruits, Granatapfel, Oliven, Radicchio, Brokkoli, Endiviensalat, Zuckerhut, Chicorée, Rosenkohl, Artischocken
- in Kräutern wie: Rosmarin, Salbei, Thymian, Minze, Oregano, Rucola
- in Wildkräutern wie: Gänseblumen, Löwenzahn, Veilchen, Brennnesseln, Giersch, Schafgarbe, Wegerich, Wegwarte und in Wurzeln vom Löwenzahn, Meisterwurz oder Galgant
- in Teesorten wie: Birkenblätter, Lavendel, Ringelblume, Beifuß, Zistrosen, Grüntee, Hopfen, Süßholz
- in Grassäften wie: Gersten- oder Weizengrassaft
- in Ölsaaten wie: Leinsamen, Sesam oder Schwarzkümmel
- in guten Speiseölen wie: Olivenöl, Leinöl, Schwarzkümmelöl
- in sehr vielen Gewürzen: Kurkuma, Schwarzkümmel, italienischen Kräutern, Kreuzkümmel oder Kardamom
- in vielen Superfoods
und…im Kaffee 🙂
Du findest Bitterstoffe auch in Fertigpräparaten zur Anwendung vor jeder Mahlzeit, wenn es dir schwerer fällt, deine Gerichte damit auszustatten, weil deine Familie vielleicht nicht einverstanden ist und du es vielleicht erst einmal für dich allein probieren willst.
Es gibt die „Amara“ Tropfen von Weleda
Oder „Bitterkraft Original“ , jedoch beides auf Alkohol-Basis.
Wenn du sie ohne Alkohol einnehmen möchtest, kannst du sie in Kapselform erwerben, jedoch können sich auf diesem Wege die Geschmacksnerven nicht an den Geschmack gewöhnen. Ich empfehle dann lieber die die Tropfen. Du kannst auch ein wenig Wurzelpulver von Engelwurz oder Meisterwurz oder Galgant im Mund bewegen und kauen- dann mit Wasser zusammen herunterschlucken.
Ich habe meine Geschmacksnerven schon vor langer Zeit schrittweise an Bitterstoffe gewöhnt und weiß sie sehr zu schätzen. Für mich sind sie ein gewisses Kriterium für eine wertvolle Kost geworden, denn in Pflanzensorten aus dem Bio-Anbau findet man eher noch eine größere Vielfalt an Züchtungen sogenannter alter Sorten, die eine höhere Nährstoffdichte und einen Bitterstoffgehalt aufweisen als die standardisierten Früchte ,Gemüse und Kräuter des konventionellen Anbaus.
Ist die Weiche einmal auf “pro Bitterstoffe“ umgestellt, beginnt sich eine große neue Geschmackswelt zu eröffnen. Wir lernen Wildkräuter zu schätzen, lernen grüne Smoothies zu mögen und entdecken, wie wohltuend sich eine natürliche und ursprüngliche Beigabe dieser Pflanzensorten zu unseren normalen Mahlzeiten im Ganzen auf unsere Gesundheit auswirkt.
Zusammengefasst sind Bitterstoffe:
- ein kraftvolles Tonikum für das Verdauungssystem,
- sie helfen uns wirkungsvoll von der übertriebenen Lust auf Süßes zu lösen und helfen uns somit, unser Körpergewicht ohne „Diät“ zu optimieren.
- Bitterstoffe eröffnen uns ein ganz neues Geschmacks-Universum mit vielen großartigen, neuen Möglichkeiten für eine lustvolle und natürliche Ernährung.
Konnte ich dir ein wenig Lust darauf machen? Was sind deine Erfahrungen mit Bitterstoffen?
Hinweis:
Die Informationen auf dieser Webseite und in den Artikeln werden nach bestem Wissen und Gewissen weitergegeben. Sie sind ausschließlich als Informationsquelle für Interessierte gedacht und keinesfalls als Diagnose- oder Therapieanweisungen zu verstehen. Die Informationen stellen auf keinen Fall einen Ersatz für Beratungen oder Behandlungen durch ausgebildete und anerkannte Ärzte oder sonstige nach deutschem Recht zugelassene Heilpersonen dar. Bei Verdacht auf Erkrankungen konsultiere bitte deinen Arzt oder Heilpraktiker.
hallo sylvia. ich kenne chicorée seit ungefähr 70 jahren.in unserer familie war es eine delikatesse und kam des preiseswegen nur selten auf den tisch.. aber alle mochten diesen bittergeschmack sehr.
Liebe Sylvia, vielen Dank für deine informativen und wichtigen Beiträge. Ich freue mich schon wieder sehr!!!! auf den ersten Löwenzahnsalat
Liebe Stefanie, ja, die Zeit der frischen, jungen Bitterstoffeblätter rückt näher ;). Mein Morgen-Smoothie freut sich dann auch auf frische Wiesenkräuter oder die jungen Blätter der Buchen und Linden. Als Tee liebe ich den Birkenblättertee für die Reinigung im Frühling- er hat natürlich Bitterstoffen im Gepäck. Herzliche Grüsse Sylvia